zitate

Cass-Ikone-Orig_336x440Die Leistung des Johannes Cassian liegt weniger in der Originalität seiner Gedanken – diese entstammen eher seinen Vorbildern, den Autoritäten Origines, Makarius und Evagrius Pontikus – als vielmehr in seiner Gestaltungs- und Ausdruckskraft. Seine Gebetserfahrungen der Wüste legte er in Form von 24 Dialogen/Unterredungen mit den Wüstenvätern („24 Collationes patrum“) als Synthese deren geistigen Lebens vor. In der 9. und 10. Unterredung entfaltet er das Ruhegebet. Sein Werk ist im Internet in der Bibliothek der Väter einzusehen. Beeindruckend ist auch sein systematischer Bezug zur Bibel, indem er das Ruhegebet fundamental im Gebetsleben und im Verhalten Jesu Christi verwurzelt.

Der Ausgangspunkt für die Motivation der Wüstenväter und –Mütter, tatsächlich in die lebensfeindliche Wüste zu ziehen, war ihre große Sehnsucht nach konkreter Nachfolge Jesu Christi und die alttestamentliche Aufforderung Gottes an Abraham, in das verheißene aber unbekannte Land zu ziehen: „Zieh in das Land, das ich Dir zeigen werde“ (Gen 12,1). Weiter spielt die dritte Vater-Unser-Bitte „Dein Wille geschehe“ eine zentrale Rolle. Vorbild sind Maria und Jesus, die voll dem göttlichen Willen entsprechen. Im Ruhegebet überlässt sich insofern der Betende mit seinem Leben ganz dem Willen des Vaters. Er lässt ihn tief zuinnerst wirken und sich verwandeln. Aus diesem Geschehen geht der Betende gestärkt in die Welt hinein. Dieses Gebet hat demnach nichts mit Weltflucht zu tun – ganz im Gegenteil.

Die  Evangelien berichten vielfach, dass Jesus in die Stille ging, um zu beten. Dies geschieht in kleinen täglichen Dosierungen auch in der Praxis des Ruhegebetes.  Die Stille kann als der Weg zu dem „Ort“ angesprochen werden, wo der lebendige Gott in uns wohnt und an uns wirkt.

Von entscheidender Bedeutung ist die Versuchungsgeschichte Jesu. Nach seinem 40-tägigen Fastenaufenthalt in der Wüste tritt der Widersacher an ihn heran, um ihm die Weltherrschaft anzubieten. Wie reagieren Jesus und später die Asketen der Wüste, die ihn darin eins zu eins zum Vorbild nehmen? Jesus lässt sich in keiner Weise auf den Widersacher ein – vielmehr beantwortet er dessen Provokationen mit Zitaten aus dem Buch Deuteronomium. Mit anderen Worten: Jesus ruft Gott selbst in die Situation der Verlockung hinein, als seine Antwort unter Bezug auf Gottes letztlich alles entscheidendes Macht-Wort. Darin überlässt er sich ganz dem Willen und Wirken seines Vaters. Der Verlocker läuft dadurch konsequent ins Leere.

Johannes Cassian hatte sich, wie erwähnt, in Marseille niedergelassen und dort um 415 n. Chr. das Männerkloster Sankt Viktor und das Frauenkloster Sankt Salvator gegründet. Bis zu seinem Lebensende war er Abt seiner beiden Klöster. Überhaupt waren diese Gründungen mit die ersten Klöster in Europa und sind noch heute zu besuchen.

Einwirkungen der Alexandrinischen Schule:

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